Kindheit und Familie

Die Basis für die Integration der Kinder in die Gesellschaft bildet die Familie. Bei den sozialstrukturellen Daten haben wir darauf hingewiesen, dass der Anteil der Kinder abnimmt. Verkleinert hat sich nicht nur der Anteil der Haushalte mit Kindern, sondern auch die Anzahl Kinder pro Familie. Im Jahr 2000 leben nur noch in 17% der Familienhaushalte drei oder mehr Kinder unter 18 Jahren, 1970 noch in 28%.

Auch die Formen der Haushalte, in denen Kinder aufwachsen, haben sich gesellschaftlich verändert. Die Institution der Ehe als Umfeld für das Aufwachsen von Kindern hat aber nach wie vor eine grosse Bedeutung. Im Jahr 2000 bilden verheiratete Paare 85% der Haushalte mit Kindern unter 15 Jahren. Seit 1970 stieg aber die Zahl der Einelternhaushalte mit Kindern unter 15 Jahren von 6% auf 11% an. Unverheiratete Paare (Konsensualpaare) mit Kindern sind mit 4% vertreten.

Die Erziehung von Kindern ist eine anspruchsvolle Aufgabe

Die Gründe für die Belastungen der Familie, zu der auch Ein-Eltern-Konstellationen zählen, sind vielfältig. Eine sich schnell wandelnde Gesellschaft stellt sehr hohe Anforderungen an die Erziehenden. Die Scheidungsrate (Glossar), die 2003 für die ganze Schweiz 41% beträgt, ist nur eines von vielen Anzeichen, dass die Familie als Sozialisationsinstanz belastet und in manchen Fällen auch überlastet ist. Weitere Indizien liefert die Inanspruchnahme von Familienberatung oder begleitenden sozialpädagogischen Massnahmen. Wir haben die Beispiele der Sozialberatungsstelle Dorneck-Thierstein, der Fachstelle KOMPASS und der Ehe- und Lebensfragenberatungen des Vereins «Ehe- und Lebensberatung Kanton Solothurn» im Sozialbericht dargestellt. Zur Illustration: Die Sozialberatungsstelle Dorneck-Thierstein hat im Jahr 2003 41% der insgesamt 260 Klienten und Klientinnen aufgrund „familiärer Probleme“ beraten. Im Jahr 2004 werden 66 Einsätze der Familienbegleitung gezählt, welche die Fachstelle KOMPASS zur Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und Erziehung leistet.

Aufschlussreich sind auch die Kindesschutzmassnahmen. 2003 wurde 786 Kindern ein Beistand zur Seite gestellt, 87 wurden nach der Aufhebung der elterlichen Obhut fremdplatziert. Gegenüber 1999 sind die Beistandschaften um 16% und die Fremdplatzierungen um 67% angestiegen.

Die finanzielle Situation ist für viele Familien angespannt – Haushalte mit Kindern bilden die grösste Gruppe in der Sozialhilfe

Familien mit Kindern sind besonders dem Risiko ausgesetzt, nicht genügend finanzielle Ressourcen für den Lebensunterhalt erwirtschaften zu können. Ihre Haushaltsausgaben wachsen an, gleichzeitig ist die Möglichkeit eines ausreichenden Erwerbsumfangs beschränkt und nur unter erschwerten Bedingungen realisierbar. Diese Spannungslage trifft vor allem Alleinerziehende und kinderreiche Familien [vgl. Branger, Gazareth, Modetta, Röthlisberger, Schmid, Schön-Bühlmann & Tillmann 2002, 40].

Trotz finanziellen Beihilfen wie Kinder- und Familienzulagen, Alimentenbevorschussung, Prämienverbilligung in der obligatorischen Krankenversicherung oder Steuerabzüge für Familien bleibt die wirtschaftliche Situation in Haushalten mit Kindern angespannt: Im Kanton Solothurn liegt 2002 bei 70% der Haushalte mit Kindern unter 15 Jahren das Äquivalenzeinkommen (Glossar) unterhalb von 3’500 Franken pro Monat. Bei den Haushalten ohne Kinder unter 15 Jahren liegt dieser Anteil bei 45%.

Kinder und Familien tragen ein erhöhtes Risiko, dass sie von der Sozialhilfe unterstützt werden müssen. Im Kanton Solothurn sind im Jahr 2000 36% der unterstützten Personen im Alter bis 18 Jahren. Angehörige aus Haushalten von Alleinerziehenden sind mit einem Anteil von 29% und Ehepaare mit Kindern mit einem Anteil von 32% in der Gruppe der Sozialhilfebezüger/innen vertreten. Insgesamt leben mehr als 60% der unterstützten Personen in einem Haushalt mit Kindern (siehe Tabelle).

Gefordert ist eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie

Verantwortlich für die finanziell prekäre Lage von Familien und Kindern ist vor allem die Tatsache, dass ein Erwerbseinkommen oft nicht ausreicht, um die Grundkosten (Miete, Nahrung, Versicherungen) zu bestreiten. Deshalb besteht in vielen Familien eine materielle Notwendigkeit, dass beide Eltern erwerbstätig sind.

In Paarhaushalten mit Kindern unter 15 Jahren gehen 94% der Väter und 59% der Mütter einer Erwerbstätigkeit nach (siehe Abbildung). Einer der Hauptgründe für diesen unterschiedlichen Zugang zur Erwerbsarbeit ist die Schwierigkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren.

Der Kanton Solothurn verfügt noch über wenige Angebote für die familienergänzende Betreuung im Vorschulalter oder die Ganztagesbetreuung an den Schulen. 2004 stehen in Kindertagesstätten oder krippen insgesamt 485 Plätze zur Verfügung. Weitere 173 Plätze bieten Tagesheime oder Horte für Schulkinder an. Summiert stehen also 1.6 Plätze für 100 Kinder unter 15 Jahren bzw. 5.7 Plätze für 100 Kinder unter 5 Jahren zur Verfügung. Das Angebot variiert je nach Kantonsgebiet erheblich: 2002 reicht diese Versorgungsquote von 0 (im Bezirk Bucheggberg) bis 6.8 Plätzen auf 100 Kinder unter 15 Jahren im Bezirk Solothurn.

Verwendete Literatur:
Branger, Katja; Gazareth, Pascale; Modetta, Caterina; Röthlisberger, Paul; Schmid, Beat; Schön-Bühlmann, Jacqueline; Tillmann, Robin (2002). Wohlstand und Wohlbefinden. Lebensstandard und soziale Benachteiligung in der Schweiz. Neuenburg: Bundesamt für Statistik.

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