Gleichstellung

Der Sozialbericht 2005 Kanton Solothurn behandelt als übergreifendes Schwerpunktthema die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft. Die Geschlechterfrage zieht sich durch alle Bereiche der gesellschaftlichen Teilhabe und ist auch für die gesellschaftliche Integration entscheidend. Die Gleichstellung von Frau und Mann wurde 1981 in der Bundesverfassung und 1996 im Gleichstellungsgesetz festgeschrieben. Das Schwerpunktthema soll auch in der Kurzfassung genügend Raum erhalten. Wir werden deshalb von der Form der drei Kernaussagen abweichen und die Frage der Gleichstellung in unterschiedlichen Bereichen (Politik, Bildung, Erwerbsarbeit, Lohn und Haus- und Familienarbeit) beleuchten. Diese Bereiche werden in fünf Kernaussagen zusammengefasst.

Politik: Frauen sind deutlich unterrepräsentiert

Der rechtlichen Gleichstellung ging 1971 die Einführung des Frauenstimmrechts auf nationaler Ebene und in der Mehrheit der Kantone (so auch im Kanton Solothurn) voraus. Das Frauenstimmrecht führte zunächst zu einem massiven Anstieg des Frauenanteils in den politischen Gremien, doch seit den 1990er-Jahren ist die Situation stagnierend [Interview mit Ruth Dreifuss, Kapitel Gleichstellung, Sozialbericht].

Das lässt sich anhand des Frauenanteils in den politischen Gremien zeigen: Ende 2003 beträgt der Frauenanteil im Nationalrat 25%, im Ständerat 24%. In beiden Räten ist der Frauenanteil kontinuierlich, aber sehr langsam angestiegen. Kaum anders sieht es in den kantonalen Regierungen und Parlamenten aus. Ende 2004 macht der Frauenanteil in den kantonalen Regierungen der Schweiz 23% aus, seit 1999 gab es kaum noch einen Anstieg. In den Kantonsparlamenten sitzen 25% Frauen, seit 1996 blieb auch dieser Anteil praktisch konstant.

Der Kanton Solothurn ist im Nationalrat mit 7 Personen vertreten, 2 davon sind Frauen (29%), im Ständerat sitzen 2 Männer. Mit einem Anteil von 20% liegt der Kanton Solothurn leicht unter dem durchschnittlichen Frauenanteil in den kantonalen Regierungen (23%).

2005 beträgt der Frauenanteil im Solothurner Kantonsparlament 22% und liegt leicht unter dem schweizerischen Mittel (25%).

Noch 1993 beträgt der Frauenanteil im Solothurner Kantonsparlament 35%, wie die folgende Abbildung zeigt. Seither ist ein Rückgang festzustellen, der sich bis 2005 fortsetzt. Für die Kantonsratswahl 2005 haben 111 Frauen kandidiert: das sind 28% aller Kandidierenden, 1997 lag dieser Anteil noch bei 33%.

Von den 126 Gemeinden im Kanton Solothurn werden 12% von einer Frau präsidiert (Stand 2004). In den Gemeinderäten (Exekutiven) beträgt der durchschnittliche Frauenanteil 22%. In 13% der Gemeinden besteht der Gemeinderat ausschliesslich aus Männern, in 3% der Gemeinden macht der Frauenanteil im Gemeinderat mindestens 50% aus.

Bildung: Frauen holen auf und haben heute fast den Gleichstand erreicht

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Frauen von der weiterführenden Bildung praktisch ausgeschlossen. Seither hat sich die Ausbildungssituation stark verändert. Im Schuljahr 2003/2004 beträgt der Frauenanteil bei den Solothurner Studierenden auf Tertiärstufe (Fachhochschulen oder Universitäten) 38% (Schweiz: 45%).

Auf Sekundarstufe II liegt der Frauenanteil an den Berufsschulen (Berufsbildung) bei 43%, an den Maturitätsschulen bei 56%.

Wenn bei der Betrachtung der Bildungsabschlüsse aber auch die älteren Generationen einbezogen werden, bestehen im Kanton Solothurn immer noch grosse Unterschiede. Im Jahr 2000 haben 42% der Frauen und 27% der Männer als höchsten Bildungsabschluss die obligatorische Schule abgeschlossen. Auf der Tertiärstufe herrschen umgekehrte Verhältnisse: 8% der Frauen und 23% der Männer verfügen über einen entsprechenden Abschluss.

Die folgende Abbildung zeigt aber, dass sich die Situation für die Frauen dennoch verändert hat: 1980 beträgt der Anteil der Frauen, die als höchsten Bildungsabschluss die obligatorische Schule aufweisen, noch 58% und über einen tertiären Bildungsabschluss verfügen nur gerade 3%.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern bleiben zwar bestehen, doch das Aufholen im Bereich Bildung kann noch deutlicher durch den Ausschluss von Personen, die sich noch in Ausbildung befinden oder bereits das Pensionsalter erreicht haben, dokumentiert werden: Gesamtschweizerisch verfügen im Jahr 2000 noch 24% der 25- bis 64-jährigen Frauen über keinen nachobligatorischen Bildungsabschluss (Männer: 14%), jedoch bereits 19% über einen tertiären Abschluss (Männer: 36%).

Die Berufswahl ist allerdings weiterhin für die Mehrheit der Frauen geschlechtsspezifisch bestimmt. Nach wie vor finden sich die traditionellen geschlechtsspezifischen Präferenzen: Frauen wählen personenbezogene Dienstleistungsberufe, Männer industriell-gewerbliche Berufe. Zwar zeigen sich bei der Berufswahl der Frauen Aufweichungen und sie wählen auch vermehrt Berufe, die männlich besetzt sind. Doch diese Verlagerungen sind labil und gehen beim Eintritt ins Berufsleben oft wieder verloren.

Erwerbsarbeit: Frauen partizipieren häufiger am Arbeitsmarkt, doch vor allem mit Teilzeitanstellungen

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen zeigt, wie sich die verbesserte Ausbildungssituation von Frauen im Erwerbsleben auswirkt. Gleichzeitig gibt sie Hinweise, wie weit Berufs- und Familienarbeit tatsächlich vereinbar sind.

Im Kanton Solothurn ist die Erwerbsbeteilung der 15- bis 64-jährigen Frauen von 54% (1980) auf 72% (2000) angestiegen. Das bedeutet einen Zuwachs um einen Drittel, während bei den Männern die Erwerbsquote auf hohem Niveau leicht zurückgeht (siehe Tabelle).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt realisiert sich für Frauen im Unterschied zu den Männern vor allem über Teilzeit-Arbeitsverhältnisse: 2000 arbeitet knapp mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen Teilzeit (Männer: 7%). Der Zuwachs der Erwerbsquote der Frauen von 1980 bis 2000 ist fast ausschliesslich auf Teilzeitarbeit zurückzuführen (Abbildung 5.3).

Die häufigen Teilzeitanstellungen sind stark von der Familiensituation bestimmt. Gesamtschweizerische Daten zeigen: 78% der teilzeitarbeitenden Frauen sind Mütter, aber nur 51% der teilzeitarbeitenden Männer sind Väter. Bei den Vollzeiterwerbstätigen sind 38% der Frauen Mütter und 62% der Männer Väter. Eine Mehrheit der vollzeiterwerbstätigen Frauen hat also keine Kinder, während sich bei den Männern Kinder kaum auf das Arbeitspensum auswirken.

Die Arbeitslosenquote von Frauen und Männern beträgt 2003 je 3.3%, der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen liegt bei 43%. Von 1990 bis 2002 war die Arbeitslosenquote der Frauen aber höher als jene der Männer.

Die höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen hat ihnen nicht automatisch auch den Weg in leitende Funktionen eröffnet. Gesamtschweizerisch erhöhte sich der Anteil der Frauen an den Erwerbstätigen zwar von 34% (1970) auf 44% (2000), doch in den Unternehmensleitungen stieg er in derselben Zeit nur von 10% auf 15% an.

Lohn: Es bestehen weiterhin deutliche Unterschiede

Trotz Verfassungsartikel und Gleichstellungsgesetz, welche gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit vorschreiben, besteht weiterhin eine deutliche Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern.

Die schweizerische Lohnstrukturerhebung für 2002 zeigt, dass in der Privatwirtschaft und beim Bund der Medianlohn von Frauen 4’600 Franken beträgt, jener der Männer rund 5’800 Franken. Damit liegt der Lohn von Frauen 21% unter jenem der Männer.

Die folgende Tabelle illustriert, dass diese Lohnungleichheit auf allen Anforderungsstufen besteht und mit steigendem Anforderungsniveau gar zunimmt. Im höchsten Anforderungsniveau verdienen Frauen 77% vom Medianlohn der Männer, im tiefsten Anforderungsniveau 86%.

Dieses Bild bestätigt sich auch, wenn Ausbildung und berufliche Stellung berücksichtigt werden: In der Privatwirtschaft und beim Bund erreichen Frauen im obersten, oberen und mittleren Kader und mit einem Universitätsabschluss nur gerade 75% des Medianlohns der Männer in derselben Stellung.

Insgesamt kommen im Espace Mittelland (Glossar) 9% der Frauen mit Vollzeitarbeit auf einen Nettolohn von 3’000 Franken oder weniger im Monat. Von den Männern erhalten nur 2% einen so tiefen Lohn.

Haus- und Familienarbeit: Frauen tragen nach wie vor die Hauptlast

Die Haushaltsarbeit ist zwischen Frau und Mann in den Haushalten, in denen mindestens zwei Erwachsene leben, ungleich aufgeteilt. 2002 ist im Kanton Solothurn in 78% dieser Haushalte ohne Kinder und in 87% der Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren hauptsächlich die Frau für die Haushaltsarbeit zuständig.

Auf zwei Personen aufgeteilt wird diese Zuständigkeit schweizweit nur in 20% der Haushalte ohne Kinder und in 12% der Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren.

Im Kanton Solothurn leistet eine Frau durchschnittlich 17 Stunden und ein Mann 6 Stunden Haushaltsarbeit pro Woche. Die Hälfte der Frauen arbeitet mindestens 14 Stunden pro Woche im Haushalt, bei den Männern verrichtet jeder zwei Mann bis zu 4 Stunden pro Woche Haushaltsarbeit (siehe Tabelle).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Betreuung von Kindern unter 15 Jahren, wenn nur die Haushalte mit mindestens zwei erwachsenen Personen betrachtet werden. Im Kanton Solothurn sorgt in 85% dieser Haushalte mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren die Frau für seine Betreuung. Aber auch schweizweit teilen sich erst in 14% der Haushalte zwei Personen die Kinderbetreuung auf.

Im Kanton Solothurn leisten Frauen in Haushalten mit Kindern unter 15 Jahren rund 40 Stunden Betreuungsarbeit pro Woche, Männer hingegen nur 16 Stunden (siehe Tabelle).

Wird der gesamte Stundenaufwand für Haushaltsarbeit, Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit zusammengezählt, kann die kumulierte Zeitbelastung für Frauen und Männer bestimmt werden. Frauen in Haushalten von mindestens zwei Erwachsenen und mindestens einem Kind unter 18 Jahren arbeiten 2002 durchschnittlich 61 Stunden pro Woche, Männer 47 Stunden.

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